J. GIEBEL1, U. PREUßE2
1Institut für Anatomie, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald;
2Gemeinschaftspraxis "Partner der Gesundheit", Essen

Kongressbericht
7. Curriculum "Anatomie & Schmerz"
Untere Extremität
23. - 25.09.2004 in Greifswald

Das diesjährige Curriculum war auf Schmerzphänomene der unteren Extremität fokussiert und umfasste eine Reihe von Vorträgen, vertiefende seminaristische Gruppenarbeit mit praktischen Übungen sowie die Erarbeitung von funktionellen anatomischen Grundlagen sowohl in Fallbesprechungen als auch im Präpariersaal. Die Entstehung von Schmerzen in Hüfte, Kniegelenk und Fuß sollte insbesondere durch die Anatomie, d.h. durch den Verlauf von Nerven, Gefäßen sowie den Ansatz und Ursprung von Muskeln und Faszien nachvollzogen werden. Die Behandlungsansätze umfassten Techniken wie Osteopathie, manuelle Medizin, spezielle Triggerpunktbehandlungen und Injektionstechniken.

Im einleitenden Übersichtsvortrag sprachen Fanghänel (Greifswald) und Preuße (Essen) über schmerztherapeutische Fragestellungen der unteren Extremität. Es wurde betont, dass in der unteren Extremität anatomische Strukturen auf engstem Raum (auch begrenzt durch starke Faszien) lokalisiert sind, so dass die Ursachen von Schmerzphänomenen mannigfaltig sind. Nach anatomisch-funktionellen Gesichtspunkten können die Schmerzsyndrome der unteren Extremität eingeteilt werden in 1) lokale Schmerzen in einzelnen Strukturen, 2) Gelenkschmerzen, 3) gefäßbedingte Schmerzen, 4) radikuläre/pseudoradikuläre Syndrome, 5) Neuralgien/Kompressionssyndrome (z. B. Tarsaltunnelsyndrom), 6) Neuropathien (neuropathisch getriggerte Schmerzphänomene), 7) Triggerpunkte und auch 8) fehlbildungsbedingte Schmerzen. Lokal bedingte nozizeptive Schmerzen werden in Knochen (Periost), Muskeln, Faszien, Bändern durch Nozizeptoren (freie Nervenendigungen) hervorgerufen. Neuralgische Schmerzen dagegen sind durch entsprechende Nervenverläufe (z. B. Durchtritt durch Faszien wie der N. cutaneus femoris lateralis, N. obturatorius-Kompression, oder Nähe des N. peroneus communis zum Fibulaköpfchen) charakterisiert. Auch Muskeln können durch absteigende Ursache-Folge-Ketten eine Fernwirkung hervorrufen. Als Beispiel wurde das Ilium anterior genannt, bei dem eine Überdehnung der ischiokruralen Muskeln (Hamstrings) möglich ist. So kann durch Zug des M. semitendinosus eine Tendinitis an seiner Ansatzstelle – Pes anserinus superficialis – entstehen. Durch die gleichzeitige Dehnung des M. semimembranosus kann es außerdem zum Zug auf den Meniscus medialis sowie zur permanenten Überdehnung der Kniegelenkkapsel kommen (Einstrahlen des M. semimembranosus über Lig. popliteum obliquum und Lig. popliteum arcuatum von medial in die Gelenkkapsel, die mit dem medialen Meniskus verwachsen ist) (Abb. 1). Dieser anatomische Sachverhalt erklärt den Schmerz bei gleichzeitiger Flexion in der Hüfte und Extension im Kniegelenk (Treten gegen den Ball).

Giebel (Greifswald) beschrieb die gelenkigen Verbindungen des Beckengürtels (Symphyse, Sakroiliakalgelenk, SIG), die Bindegewebsräume des Beckens und die Verbindungen des Beckens über Faszien und Muskeln mit der unteren Extremität (Strecker, Adduktoren, ischiokrurale Muskeln, Fascia glutea, Fascia lata, Tractus iliolumbalis) sowie dem Rumpf (Bauchwandmuskeln, Fascia transversalis, autochthone Rückenmuskeln und Fascia thoracolumbalis) (Abb. 2). Das Becken bildet somit eine zentrale Umlenkrolle im System der Faszienseile und Muskelketten. Eine Verbindung des Beckens besteht auch mit dem Kranium über den Canalis spinalis, die ihn auskleidende Dura mater und den Liquor cerebrospinalis (Kraniosakrales System).

Im SIG können geringfügige Kipp- (Nutation) (Abb. 2) oder Seitwärtsbewegungen (Inflare-Bewegungen) stattfinden; es überträgt das Gewicht des Rumpfes auf das Becken und wird innen über den M. piriformis und außen über den M. gluteus maximus verspannt. Zu den Bändern, die das SIG sichern, zählen das Lig. sacroiliacum posterius et anterius, das Lig. interosseum sowie das Lig. sacrotuberale und sacrospinale. Der kaudale Abschluss (Beckenboden) wird durch Muskeln [das trichterförmige Diaphragma pelvis (M. levator ani, M. coccygeus) und Diaphragma urogenitale (M transversus perinei profundus/superficialis)] und Faszien gebildet (Abb. 3). Das intrapelvine Bindegewebe ist gleichzeitig Halteapparat für die Urogenitalorgane, Darm/Rektum, Verschiebeschicht und Gefäßnervenstraße. Oft bildet dieses Bindegewebe Pfeiler um die Organe und wird auch als Paraproctium, Paracystium und Parametrium bezeichnet.

Ridder (Freiburg) betonte, dass dem Hüftschmerz (low back pain, LBP) Symptomenkomplexe zugrunde liegen. Hierzu zählen Arthrose (oft durch Fehlhaltung, Beinlängendifferenz, posttraumatische oder postentzündliche Prozesse) und Arthritis (endogen oder exogen bedingt). Daneben spielen oft Ligamente eine Rolle (habituelle Lockerung bei genetischen Defekten oder Manganmangel, der zur Instabilität der Kollagenfasern führen kann). Weiter kann auch eine Ruptur des Lig. iliolumbale vorliegen. Selbstverständlich spielen Muskeln häufig eine gewichtige Rolle in der Entstehung von LBP. Hierzu gehören der M. obturatorius externus, M. piriformis, M. coccygeus, Teile des M. gluteus maximus sowie die schrägen Bauchwandmuskeln. Die Ursache von LBP kann aber auch in der Verkürzung der ischiokruralen Muskulatur (Abb. 5) liegen. Dass LBP auf multifaktoriellen Ursachen beruht, wurde durch Ergebnisse einer Studie an 126 Personen demonstriert. So litten 24% der Patienten an Verdauungsstörungen, 23% hatten Knieprobleme, 58% gleichzeitig Knieschmerzen, 46% Krämpfe der ischiokruralen Muskeln und 70% gleichzeitig Nackenschmerzen. Interessanterweise wiesen alle Patienten Schwächungen der Hamstrings auf, die in der Therapie entweder durch Mineralien (Calcium, Magnesium), Inspiration oder durch Challenge des Os sacrum in Flexion gestärkt wurden.

Da nach Therapie 77% der Patienten beschwerdefrei waren, kommt Ridder zu dem Schluss, dass das Os sacrum eine wichtige Schlüsselfunktion hat und eine Verabschiedung vom monokausalen Denken zugunsten eines multifaktoriellen Ansatzes beim LBP dringend geboten ist.

Theurer (Greifswald) informierte über die Therapiemöglichkeiten mit Cannabinoiden. Unter den ca. 400 Inhaltsstoffen des Cannabis wurden 60 Cannabinoide identifiziert. Das wichtigste unter ihnen ist das D 9THC (Tetrahydrocannabinol), das psychische, analgetische, muskelrelaxierende und antiphlogistische Effekte hat. Die exogen aufgenommenen Cannabinoide binden an CB1-Rezeptoren (die von bestimmten Subpopulationen von Neuronen exprimiert werden, im Gegensatz zu CB2-Rezeptoren, die besonders im Immunsystem - Milz, Tonsillen, Leukozyten - vorkommen) der postsynaptischen Membran, wandern über den synaptischen Spalt und docken dort an die präsynaptische Membran, wo sie die Freisetzung von Transmittersubstanzen verringern können.

Die Nebenwirkungen, wie "High"-Gefühl, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und kardiovaskuläre Effekte seien häufig übertrieben dargestellt, möglicherweise um den öffentlichen Genuss (vergl. Niederlande) der Droge zu verhindern. In der Praxis ist die Verschreibung von Dronabinol (Wirkstoff D 9THC) per Betäubungsmittelrezept möglich. Allerdings muss die meist als Co-Analgetikum verwendete Substanz vom Apotheker rezeptiert werden (ölige Suspension oder Kapseln), da sie nicht als Fertigarznei erhältlich ist. Ein neues, noch nicht in Deutschland zugelassenes, synthetisches Cannabinoid ist die ajulenic acid, die analgetisch wirkt aber nicht "high" macht.

Faszien, Leitungsbahnen und Engpasssyndrome des Fußes aus anatomischer Sicht wurden von Koppe (Greifswald) erläutert. Phylogenetisch betrachtet entspricht die Konstruktion des menschlichen Fußes der Anpassung an den aufrechten Gang. So ist ein Längsgewölbe, das die Verlagerung des Körpergewichtes auf den medialen Fuß und ein Verlust des M. opponens hallucis (Greiffunktion bei Primaten) nur beim Menschen zu beobachten. Zu den statischen Stabilisatoren des Fußes zählen Knochen und Bänder sowie die Plantaraponeurose. Dynamische Stabilisatoren sind Muskeln und Sehnen. Für die Aufrechterhaltung des Fußgewölbes sind besonders der M. peroneus longus und der M. tibialis posterior verantwortlich. Auf den Fuß wirken sowohl lange (Dorsalflexion: vordere Schienbeinmuskeln; Plantarflexion: M. triceps surae, Pronation: Wadenbeinmuskeln; Zehenflexion (tiefe, hintere Wadenmuskulatur) als auch kurze Muskeln (die in 4 Schichten angeordnet sind). Die Fascia pedis ist eine Fortsetzung der Unterschenkelfaszie und besitzt 2 Blätter. Im oberflächlichen Blatt finden sich Retinacula, die die Streckersehnen am Fußrücken fesseln. Von der besonders medial starken Plantaraponeurose spannen sich sagittale Septen ab, die Logen bilden (Kleinzehe-, Mittel- und Großzehenloge). Der Tarsaltunnel, in dem häufig Kompressionssyndrome vorkommen, wird knöchern begrenzt vom Malleolus medialis, dem Talus, der Tuberositas ossis naviculare und dem Calcaneus. Durch den Tunnel ziehen von anterior nach posterior die Sehnen des M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus, der N. tibialis mit A. und V. tibialis und die Sehne des M. flexor hallucis longus zum Fuß (Abb. 4). Der N. tibialis teilt sich meist nach dem Durchtritt durch den Malleolenkanal in einen Ramus lateralis und Ramus medialis. Nicht selten entsteht zwischen beiden Nerven eine Anastomose in Höhe der Metatarsalia, die sich klinisch als MORTON-Neuralgie manifestieren kann (Abb. 4). Des Weiteren wurde darauf eingegangen, dass ein Hallux valgus durch das Abrutschen des M. abductor hallucis unter das Os metatarsale I und den Verlust der Sehnenführung durch Sesambeine entstehen kann.

Springfeld (Schwerin) behandelte die Frage, ob die Fußchirurgie eine Lösung für den Fußschmerz darstellt. Voraussetzung für die differentialdiagnostische Klärung von Schmerzsyndromen ist die Kenntnis der Topografie des Fußes. Es wurde betont, dass in den allermeisten Fällen eine Röntgenuntersuchung zur Diagnosestellung völlig ausreicht. Bei schmerzhaften Hammer-, Krallen-, und Klauenzehen ist die gelenkerhaltende OP möglich und erstrebenswert. Die Metatarsalreihe bietet zahlreiche Optionen für Funktionsstörungen wie Instabilität des MTP-Gelenkes, Ruptur der plantaren Platte, Marschfrakturen, Engpasssyndrome (MORTON, Abb. 4) oder Sesambeine des 1. Strahls. In der Lisfranc-Reihe werden häufig Luxationen übersehen und funktionelle Instabilitäten (Insuffizienz des M. peroneus longus) führen zum Hallux valgus. Am Mittelfuß finden sich Überlastungsschäden, Ganglien, und Insertionstendopathien des M. tibialis anterior. Bei geringfügiger Verlängerung der Sehne des M. tibialis posterior, die von medial in das Gewölbe tritt, sackt das Os naviculare ab und es kommt zum Einbruch des medialen Bogens. Das Talo-Naviculargelenk ist ein Schlüsselgelenk der Fußwurzel mit erheblichem Bewegungsausschlag. An Ferse und unterem Sprunggelenk treten zahlreiche Schmerzphänomene auf, die bedingt sein können durch knöcherne Koalitionen, Bandrupturen, Sinus tarsi-Syndrom, Tarsaltunnelsyndrom (Abb. 4), Tumoren, avaskuläre Nekrosen u.a. Außerdem führen zahlreiche Pathologien der Achillessehne zu Schmerzsyndromen. Am oberen Sprunggelenk treten häufig persistierende Schmerzen auf, wobei Verrenkungen meist therapieresistenter sind als Frakturen. Nicht zuletzt spielt die Planta pedis mit der Plantaraponeurose eine wichtige klinische Rolle.

Hinzmann (Berlin) berichtete, dass aus seiner Sicht strukturelle Läsionen in nur wenigen Fällen für die Schmerzsymptomatik des Kniegelenkes verantwortlich sind. Vielmehr entstehen Kniebeschwerden (außer bei traumatischen oder entzündlichen Prozessen) meistens fortgeleitet, d.h. durch Muskelketten vom Becken und Fuß (Abb. 5) oder Fasziensystem (Tractus iliotibialis). Nach der Erfahrung des Manualmediziners sind Blockierungen des Kniegelenkes aufgrund der Anatomie eher selten, finden sich aber häufig am Fibulaköpfchen, in der Patella sowie in Fußgelenken und im Sakroiliakalgelenk. Verkürzung des M. semimembranosus, der in die Kniegelenkkapsel einstrahlt (und weiterer Muskeln wie M. biceps femoris), kann zu Kniebeschwerden und Zug auf den Tractus iliotibialis (M. tensor fasciae latae, M. gluteus maximus) zur Chondropathia patellae oder zum scheinbaren Meniskussyndrom nach FORTE führen. Wichtig sind der in die Kniegelenkkapsel einstrahlende M. popliteus sowie der zweigelenkige, zweiköpfige M. gastrocnemius. Nicht zu vernachlässigen sind des Weiteren Faszienverspannungen (auch Gelenkkapseln und Bänder) besonders nach Traumata oder bei Narben. Ebenso können ossäre Dysfunktionen (z. B. die eingeschränkte Elastizität der Tibia nach Traumata) eine Rolle spielen. Neben der orthopädischen, traumatologischen und neurologischen Diagnostik sollte die manualmedizinische Untersuchung die Funktion aller Gelenke, Muskeln, Faszien sowie die Verkettungen zum Rumpf und Becken umfassen. Daraus ergeben sich erfolgversprechende chirotherapeutische, osteopathische und krankengymnastische Behandlungsansätze.

Kompressionssyndrome aus neurologischer Sicht wurden von Kessler (Greifswald) näher beleuchtet. Wichtig ist primär die klinische Untersuchung wie Elektrophysiologie, diagnostische Nervenblockade, Bildgebung, EMG, NEG. Neben häufigen radikulären Läsionen kommen Kompressionen des Plexus lumbosacralis vor, die entstehen durch Aneurismen der Aorta abdominalis, Schwangerschaft (besonders obere Hälfte des Plexus), retroperitoneale Tumoren oder Psoasabszesse. Bei der Meralgia paraesthetica klagen Patienten über brennende Schmerzen und Parästhesien an der lateralen Oberschenkelseite, die durch Kompression (Gürtel auf Darmbeinkamm, enge Kleidung) des N. cutaneus femoris lateralis beim Durchtritt durch die Lacuna musculorum entstehen. Therapeutisch kann eine Injektion von Novocain Erleichterung schaffen. Kompressionssyndrome des N. femoralis (durch Psoasabszess oder maligne Lymphome) manifestieren sich in Verlust der Kniestreckung. Läsionen des N. saphenus (als Endast des N. femoralis), der durch den HUNTER’schen Kanal (zwischen M. sartorius und M. gracilis) verläuft, resultieren in Knieschmerzen (Neuropathia patellae) und/oder Schmerzen und Schweregefühl im distalen Ober- und Unterschenkel. Im Bereich des Unterschenkels stellt das Tarsaltunnelsyndrom (in Folge einer traumatischen Läsion oder Distorsio pedis) das häufigste Kompressionssyndrom dar. Hier wird der N. tibialis im Bereich des medialen Knöchels komprimiert, was aus neurologischer Sicht eine Spaltung des Retinaculums erfordert. Der N. peroneus communis kann durch Druckläsion (Strumpfbänder, hohe Stiefel, Ganglien) am Fibulaköpfchen irritiert werden. Neben operativer Intervention ist eine Behandlung der Engpasssyndrome durch Cox-2-Hemmer, Antidepressiva, Physiotherapie und Orthopädietechnik möglich.

Schlagbauer (Winhöring) gab einen Überblick über das relativ neue Feld der orthopathischen Medizin, die eine Verbindung von Orthopädie, Osteopathie und physikalischer Therapie darstellt und auf dem Gebiet der Faszien, Muskeln sowie des Skeletts arbeitet. Sie ist Regenerationsmodell besonders für den Breiten- und Leistungssport. Das Behandlungsprinzip des Fasziensystems, das in der Schmerztherapie bisher nur wenig Beachtung gefunden hat, basiert auf dem FDT (Faszien-Distorsions-Modell). Beim Einfluss auf die Faszien werden Triggerbänder, Triggerpunkthernien, Kontinuums-, Falten- und Zylinderdistorsionen sowie tektonische Fixierungen unterschieden. Bei Triggerbändern handelt es sich um Fasziendistorsionen, die nicht selten nach sog. Muskelfaserrissen auftreten. Kontinuumsdistorsionen dagegen finden sich an Verbindungsstellen des ossären und ligamentären Fasziengwebes. Von tektonischen Fixierungen spricht man, wenn die Faszienflächen ihre Gleitfähigkeit verloren haben (Faszienverwachsung oder mangelnde Zirkulation der Synoviaflüssigkeit zwischen 2 Faszienoberflächen). Das Muskelsystem kann durch Triggerpunkte oder Muskelhartspann Beschwerden verursachen. Die Behandlung erfolgt hier in Anlehnung an die TrP-Technik und Wiederherstellung des muskulären Gleichgewichtes. Das Skelett kann als nervaler (durch z. B. Fehlstellungen der Wirbelkörper und dadurch Beeinträchtigung von Nerven) oder als biomechanischer Störfaktor (Bewegungseinschränkungen Hüfte-Knie-Fuß) involviert sein. Die therapeutische Technik orientiert sich an der Diagnose.

Über die wissenschaftlichen Grundlagen der Ordnungstherapie referierte Deuse (Essen). Die Ordnungstherapie ist eine der 5 Kneipp-Säulen der Naturheilkunde und das Grundprinzip basiert auf der dauerhaften Veränderung somatischer und physischer Ordnungsbeziehungen mit dem Ziel der Förderung körperlicher und seelischer Selbstheilungskräfte des Menschen. Hierzu zählen der gesundheitsfördernde Umgang mit Ernährung, Bewegung, Spannungsregulation (Gleichgewicht zwischen An- und Entspannung; z. B. durch autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Yoga, Meditation, Qigong etc...), kognitive Umstrukturierung und Stressbewältigung. Voraussetzung dabei ist, dass die Grundhaltung verändert wird und der Patient zu der Überzeugung kommt, dass er sich selbst helfen kann. In dieses Konzept passt auch das Prinzip der Salutogenese (ANTONOVSKY): "Nicht die Umstände bestimmen des Menschen Glück, sondern seine Fähigkeit zur Bewältigung der Umstände". Wichtig bei der Realisierung ist, dass es verschiedene Phasen der Umsetzung der Verhaltensänderung gibt. Hier werden Sorglosigkeit und Abwehren, Bewusstwerdung, Verarbeitung, Handeln, Aufrechterhaltung und Stabilität unterschieden. Die Compliance der Ordnungstherapie ist in der Regel abhängig vom Leidensdruck des Patienten und der Qualität der Schulung. Bei guter Compliance kommt es zu einer signifikanten Beschwerdelinderung verbunden mit einer deutlichen Kostenreduktion der Behandlung chronischer Schmerzpatienten.

Eine Übersicht über die Technik und den Einsatz implantierbarer Pumpen zur intrathekalen Morphintherapie gaben Kehnscherper und Rudolph (Rostock). Mit den implantierbaren Pumpen kann eine Infusionstherapie über längere Zeiträume durchgeführt werden, wobei der Patient einen Gewinn an Lebensqualität erhält. Meistens werden Gasdruckpumpen eingesetzt, wobei sich der Preis bei mechanischen auf ca. 4.500 € und bei elektrischen Pumpen auf ca. 8.000-10.000 € beläuft. Die Lebensdauer der Pumpen ist unterschiedlich, kann aber theoretisch bis zu 27 Jahre betragen. Gegenwärtig werden in Deutschland ca. 2000 Pumpen pro Jahr eingesetzt.. Bevor es zur Implantation der Pumpen kommt, sollten folgende Punkte beachtet werden: die Kausaltherapie muss ausgeschöpft sein, die somatisch begründete Schmerzursache vorliegen, psychiatrische Erkrankungen sind fachärztlich auszuschließen, die konservative Schmerztherapie muss versagen und die Analgesie sollte reproduzierbar sein. Weitere Voraussetzungen sollten eine zu erwartende Lebensdauer des Patienten von mehr als 6 Monaten, eine Abwägung gegenüber konventionellen Verfahren und die Eignung und Compliance des Patienten sein.

 

 

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PD DR. JÜRGEN GIEBEL
Institut für Anatomie
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
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Friedrich-Loeffler-Str. 23c
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