ABSTRACT
Cannabinoid - eine schmerztherapeutische Bereicherung? |
Cannabinoid - eine schmerztherapeutische Bereicherung? |
Thomas Theurer
Abteilung interdisziplinäre Schmerztherapie u. Schmerzambulanz
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Bereits im vorigen Jahrhundert wurde Cannabis als Analgetikum zur Therapie der Migräne und auch bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt.
"You’ll also discover that grass is an analgesic, and will reduce pain considerably. As a matter of fact, many women use it for dysmenorrhea or menorrhagia when they’re out of Pamprin or Midol. So if you have an upset stomach, or suffer from pain of neuritis or neuralgia, smoke grass. If pains persist, smoke more grass." (1)
Am 8. Februar 2000 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe einen Beschluss, nach dem der medizinische Einsatz auch der Droge Cannabis im Einzelfall rechtlich erlaubt sein kann [Az. 2 BvR 2382–2389/99]. Sicherlich werden Patienten zukünftig durch eine intensivere öffentliche Diskussion häufiger den behandelnden Arzt nach Cannabis oder auch THC fragen. Kriterium für den Einsatz im klinischen Alltag der Schmerztherapie ist - wenn überhaupt - derzeit sicher eine adäquate aber erfolglose analgetische Vortherapie. Dies begründet sich in einer noch eher unzureichenden und teilweise widersprüchlichen Studienlage (2) und dem häufigen "Rückzug" der Kostenträger auf diese "Argumentationsgrundlagen" der Evidenz basierten Medizin.
Bisher sind zwei Cannabinoidrezeptor-Typen entdeckt worden. Viele THC-Wirkungen, wie insbesondere psychische Effekte, Analgesie, Appetitsteigerung (3) und Muskelentspannung, werden vollständig oder maßgeblich durch den 1990 klonierten Cannabinoid-1-Rezeptor vermittelt. (4) CB1-Rezeptoren befinden sich in besonders hoher Konzentration im zentralen Nervensystem, jedoch treten sie auch in einigen peripheren Organen und Geweben auf. CB2-Rezeptoren werden dagegen vor allem von Zellen des Immunsystems, beispielsweise Leukozyten, Milz und Tonsillen, exprimiert.
Auf die Entdeckung der Cannabinoidrezeptoren folgte der Nachweis endogener Liganden, die Endocannabinoide, von denen bisher fünf bekannt sind. Diese haben wohl eine physiologische Bedeutung für Schmerzverarbeitung, Bewegungskoordination, Appetitregulierung, das Gedächtnis und eine Vielzahl weiterer Körperfunktionen. (5)
Die Modulation des Cannabinoidsystems mit therapeutischer Intention umfasst heute eigentlich schon mehr als die Applikation pflanzlicher oder synthetischer Cannabinoide. Neben Cannabinoidrezeptor-Agonisten befinden sich auch Cannabinoidrezeptor-Antagonisten in der klinischen Erprobung, beispielsweise zur Appetitzügelung und Raucherentwöhnung. Eine weitere Strategie sind Wiederaufnahmehemmer der Endocannabinoide und Substanzen, die ihren Abbau hemmen. (3)
Seit dem Jahr 1998 darf auch in Deutschland Dronabinol auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Das in den USA arzneimittelrechtlich zugelassene Dronabinol-Fertigpräparat ist Marinol®. Dronabinol ist der internationale Freiname für den wohl pharmakologisch wichtigsten natürlichen Inhaltsstoff der Cannabispflanze, das (-)-∆9-trans-Tetrahydrocannabinol – kurz: ∆9-THC (sprich: Delta-9-THC) oder THC.
Die Rezepturvorschriften des Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) und Neuen Rezeptur Formulariums (NRF) sehen die Herstellung von Dronabinol Kapseln zu 2,5, 5 oder 10 mg sowie öliger Dronabinol-Tropfen 2,5 % vor. Ein Gramm der Tropfen in mittelkettigen Triglyzeriden entspricht 30 Tropfen, ein Tropfen entspricht 0,833 mg Dronabinol. (3)
Literatur