Der Nucleus ambiguus - Nur eine anatomische Nomenklatur?

J. Fanghänel, Greifswald

 

Eindeutig kann die Frage mit "nein" beantwortet werden. Irritationen im Zentralnervensystem sind keine Seltenheit, Vor allem in den Kerngebieten der Medulla oblongata. Besondere Aufmerksamkeit dabei verdient der sog. Ambiguuskomplex. Dieser enthält speziell viszeroefferente Neuronen der Hirnnerven IX, X, XI.

Die Nn. IX, X und der kranialen Anteile der N. XI besitzen in der Medulla oblongata ein gemeinsames Ursprungs- und Endigungsgebiet für ihre verschiedenen funktionellen Komponenten. Diese Zellen, deren Axone insgesamt wie jene des N. VII ein "inneres Knie" bilden, innervieren die quer gestreifte Muskulatur des weichen Gaumens, des Pharynx und des Larynx. Der Kernkomplex beherbergt aber auch Zellen, welche die Muskulatur des Ösophagus versorgen, und solche, die mit ihren Axonen zu Trachea und Bronchien gelangen. Auch dürfte die Mehrzahl der kardioinhibitorischen Neurone, welche die Herzfrequenz und die Kontraktilität (Herzkraft) beeinflussen, im Bereich des N. ambiguus liegen. Vermutlich endigen diese Neurone in den einzelnen Organen Sowohl an peripheren Ganglien wie auch an quergestreifter Muskulatur (M. sternocleidomastoideus, M. trapezius). Somit findet man im Ambiguus-Komplex speziell und allgemein viszeroefferente Komponenten vermischt. Dieser Sachverhalt ist insofern von Interesse, dass man bei Erfolg/Misserfolg der Behandlung der o.g. Stressmuskeln M. sternocleidomastoideus und M. trapezius an Irritationen mit Vagus und Glossopharyngeus denken muss. Auch sollte dann an Engpasssyndrome (Zwerchfell!) des N. vagus gedacht werden, sowie auch an den gemeinsamen Austritt der Nerven IX, X und XI aus dem Schädel durch das Foramen jugulare, z.B. bei Tumoren oder anderen raumfordernden Prozessen.

 

Kerngebiete im Rhombencephalon

 

Kerngebiete im Rhombencephalon