Die "unsichtbare Krankheit - Fibromyalgie"

Prof. Dr. H.-G. Nehen
Medizinische Klinik Elisabeth Krankenhaus Essen

 

Bei der Fibromyalgie bestehen chronische, nicht entzündliche Schmerzen im Bereich der Muskeln, der Sehnenansätze und der periartikulären Strukturen verbunden mit erhöhter Druckempfindlichkeit definierter Punkte des Bewegungsapparates, den sogenannten "tender points". Begleitet wird die Erkrankung von multiplen vegetativen Beschwerden, wie Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, Erschöpfungsgefühl, dem subjektiven Gefühl der Gelenkschwellungen und Paraesthesien, die weder Dermatomen noch radikulären Regionen entsprechen. Außerdem findet sich häufig eine depressive Symptomatik. - Die Diagnose einer Fibromyalgie wird nach der Anamnese und dem klinischen Untersuchungsbefund gestellt. Als Hauptkriterien gelten Schmerzen und Steifheitsgefühl in drei oder mehreren anatomischen Regionen seit mindestens 3 Monaten sowie Druckschmerzen an mindestens 12 von 24 tender points. Der Nachweis von mehreren. Nebenkriterien unterstützt die Diagnose.

Die Erkrankung setzt gewöhnlich im jungen Erwachsenenalter ein und ist bei Frauen häufiger als bei Männern (10:1). Ca. 20% der Patienten in einer rheumatologischen Ambulanz leiden unter einer Fibromyalgie. Die Prävalenz bei 35-74 jährigen Frauen liegt in Deutschland bei 7,8%.- Die Ursache ist unklar. Diskutiert werden mitochondriale Störungen in der Muskulatur, neurohormonelle bzw. endokrine Störungen insbesondere Störungen des Serotoninstoffwechsels. Neuere Untersuchungen ergaben eine erhöhte Konzentration der Substanz P im Liquor sowie abnormale zentrale Verarbeitung von nozizeptiven Reizen (L. Bradley). Auch genetische Faktoren werden diskutiert, insbesondere genetische Störungen des Serotoninstoffwechsels. Hierfür sprechen auch familiäre Häufungen des Krankheitsbildes. (M. Offenbaccher) Klinisch beobachtet werden immer wieder Störungen und Verarbeitungen von chronischem Streß jedweder Genese (sexueller Mißbrauch, narzißtische Kränkungen, Verlust von haltgebenden Personen in der Kindheit usw.). Häufig entwickelt sich ein Circulus vitiosus von abnehmender körperlicher Aktivität. Infolge Schonhaltung bei chronischem Schmerz- Differenzialdiagnostisch muß die Fibromyalgie abgegrenzt werden gegen entzündliche rheumatische Systemerkrankungen, Paraneoplasien, Myopathien, Infektionen und anderes.

Die Therapie schließt immer eine Aufklärung des Patienten über Genese und Prognose der Erkrankung ein. Wichtig ist das Zustandekommen eines Therapiebündnisses um Enttäuschungen und "doctor hopping" zu vermeiden, Medikamentös werden insbesondere Antidepressiva z.B. Amytryptillin eingesetzt, ansonsten wird die medikamentöse Therapie kontrovers diskutiert (Zens, Jurna: "NSAR kontraindiziert"; Kayser: "NSAR zur Akuten Schmerztherapie indiziert").

Einigkeit besteht jedoch bei im Einsatz nicht medikamentöser Verfahren wie Physiotherapie und psychologische Therapieformen.